Startseite
Bild / Sprache
Ausgabe 28
Magazin
Wissenschaft ist ohne Sprache nicht denkbar: Erkenntnis wird im Medium Sprache gewonnen, verhandelt, diskutiert und kommuniziert. Aber was ist eigentlich mit Bildern? Welche Rolle spielen Visualisierungen und die bildliche Vorstellungkraft in den verschiedenen Disziplinen? Das aktuelle JAM nimmt die Frage in den Blick, worin die spezifisch visuelle Dimension bestimmter Forschungsgegenstände liegt, ob und wie sich diese Gegenstände bildlich darstellen lassen und auf welche Weise das vielleicht bereits passiert. Oftmals (re-)produziert auch die externe Wissenschaftskommunikation stereotype Bilder und damit auch Wissensbestände. Diesen Bildwelten wiederum haben die textorientierten Wissenschaften kaum etwas entgegenzusetzen. Selbst die Bildwissenschaft drückt sich ja im Medium Sprache aus. Die Wissenschaft produziert im Grunde keine (alternativen) Bilder. Die visuelle Dimension von Forschungsgegenständen, so scheint es zunächst, wird überhaupt oft marginalisiert.
In den Artikeln des neuen JAM soll es daher darum gehen, diesen Fragen aus unterschiedlichen Fachperspektiven nachzuspüren. In der Kunstgeschichte ist Visuelles Alltag – ohne Sprache kommt indes auch diese Disziplin kaum aus: Isabelle Dolezalek beschreibt, was in Bildern aus alten Zeiten alles »ungesehen« bleibt, wenn es nicht sprachlich erklärt wird. Auch in literarischen Texten gibt es Bilder und figürliche Kompositionen von Schrift: Visualität spielt also auch hier eine Rolle. Die Literaturwissenschaft, so Michael Bies, bleibt jedoch insgesamt eine textfokussierte und textlastige Disziplin. Wie sieht es demgegenüber in der Mathematik aus? Timo de Wolff nutzt interessanterweise die Metapher der Sprache für mathematische Formeln, allerdings in besonderer Weise: Formeln sind für ihn die präziseren Ausdrücke – die Sprache als allgemeines Kommunikationsmittel reicht aus seiner Sicht an diese Präzision nicht heran. Welche zentrale Bedeutung nun aber gerade Bilder für Gedächtnisstrategien haben, das beschäftigt Boris N. Konrad und Martin Dresler: Auch wenn die populäre Unterscheidung von visuellen und nicht-visuellen Lerntypen überholt ist, ist doch klar, dass Gedächtnistechniken ohne visuelle Vorstellungskraft nicht möglich sind. Auch Wissenschaftskommunikation ist nicht ohne Bilder denkbar. Stefanie Büchner richtet ihren Blick auf kanonisierte Bilder sozialwissenschaftlicher Gegenstände und auf die Tatsache, dass diese häufig in einer Art »Eigenleben« Primär- und Sekundärbotschaften senden, die wissenschaftlich nicht gedeckt sind. Benedict Esche schließlich geht in seinem Artikel auf das Zusammenspiel von Wort und Bild in der Architektur ein. In dieser kommen auf ganz eigene Weise historisch wechselnde menschliche Selbst- und Weltverhältnisse zur Sprache.
Die Posterseite des diesjährigen Magazins stellt – und zwar rein bildlich – die Frage, welchen Einfluss so einfache Bilder (bzw. Bildzeichen) wie Emojis auf unsere Vorstellungen von Wissenschaft und von Wissenschaftler:innen haben.
Bei der Lektüre wünschen Ihnen viel Vergnügen
Bettina M. Bock und Benedict Esche
Das JAM #28 ist leider vergriffen. Besuchen Sie die Online-Ausgabe oder laden Sie die PDF-Datei herunter.
- Projekte
- Themen