Preisfrage 2010

Anfang und Ende

Rainer Maria Kiesow

Es begann vor neun Jahren mit der Idee, Gesellschaft und Wissenschaft zusammenzuführen. Doch, was interessiert die Gesellschaft, die doch auf eine geheimnisvolle Weise mit dem Volk - oder der Bevölkerung - zu tun zu haben scheint, eigentlich, ja eigentlich, am meisten? „Wissenschaft“ dürfte als Antwort auf diese Frage kaum prämiert werden. Jedenfalls nicht die Wissenschaft - was auch immer die Wissenschaft repräsentieren mag. Und die klassischen Antworten „Gesundheit, Arbeit, Frieden, Liebe“ haben allenfalls vermittelt etwas mit Wissenschaft zu tun. Den ersten Preis als Antwort auf die Frage, was die Leute - um noch eine weitere Präzisierung des Begriffs „die Gesellschaft“ zu nennen - eigentlich interessiert, würde vermutlich eine Frage gewinnen: „Wie werde ich Millionär?“. Die Antwort auf diese Frage geben seit Jahrzehnten Millionen Menschen - weltweit können unter den Satten (die Hungrigen interessieren andere Fragen) sicher Milliarden vermutet werden, was den Begriff der Gesellschaft endgültig auf mondiale Dimensionen hebt. Die Antwort lautet: Lotto spielen! Doch Lotto ist Glückssache. Und Glück ist in einer Zeit, in der die Gesellschaft auf Wissen basiert - wobei hier offen bleiben mag, ob es sich dabei um eine deskriptive oder normative Aussage handelt -, ja Glück ist heute zu wenig. Neben das Glück tritt das Wissen. Dieses Wissen wurde in der Vergangenheit durch das Lösen von Kreuzworträtseln, das Spielen von Trivial Pursuit und das Schauen von Wim Thoelke massenhaft eingeübt. Viel zu gewinnen gab es dabei nicht. Weswegen diese Schnittstelle zwischen den Wissensschaffern und der Gesellschaft als Schnittstelle nicht besondere Aufmerksamkeit erregte.

Das hat sich seit einiger Zeit geändert. „Wer wird Millionär?“ ist nur eine von vielen, das Fernsehprogramm füllenden, Zuschauer anziehenden Win-shows. Wer dort ziemlich viel gewinnen möchte, muss ziemlich viel wissen. Zufälliger und bezeichnender Weise war es ein ordentlicher C-4-Professor für Geschichtswissenschaften, ein Spezialist für das mittelalterliche Mönchtum, den Sachsenspiegel und das Herforder Rechtsbuch, ein Mediävist also, der bei Günther Jauchs Show die erste Million einsackte. An der Schnittstelle lässt sich gut verdienen.